Private oder staatliche Trägerschaft bei Spielbanken?

Die Frage, ob der Betrieb von Spielbanken oder das Veranstalten von Lotterien staatliche Aufgaben sind, ist so alt wie das Glücksspiel. Zu diesem Thema hat Lutz Schenkel, Geschäftsführer der François-Blanc-Spielbank GmbH Bad Homburg v.d. Höhe und Mitglied des Vorstands des BupriS, zur Anhörung am 6. September 2016 im Landtag Nordrhein-Westfalen zum Antrag der Fraktion der FDP „Konsolidierung des nordrhein-westfälischen Spielbankensektors“ Stellung genommen. Die schriftliche Stellungnahme der François-Blanc-Spielbank GmbH vom 25. Juli 2016, die auch auf der Webseite des Landtages Nordrhein-Westfalen verfügbar ist, wird nachstehend im Wortlaut dokumentiert.

 

Die Präsidentin des Landtages
Nordrhein-Westfalen
Postfach 10 11 43
40002 Düsseldorf

Nur per E-Mail an: anhoerung(æt)landtag.nrw.de  Stichwort: Glücksspiele

Bad Homburg v.d. Höhe, 25. Juli 2016

Konsolidierung des nordrhein-westfälischen Spielbankensektors
Antrag der Fraktion der FDP Drucks. 16/11902
Ihr Schreiben vom 11.07.2016

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

für Ihre Anfrage und die Gelegenheit zur Stellungnahme danke ich Ihnen. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung im deutschen Spielbankwesen, gegenwärtig als Geschäftsführer der François-Blanc-Spielbank GmbH Bad Homburg v. d. Höhe sowie als Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes deutscher Spielbanken (BupriS), kann ich gern zu einigen Punkten des Antrages der FDP-Fraktion Stellung nehmen.

Der in der Drucksache 16/11902 genannte deutlich sichtbare Rückgang der Brutto-spielerträge ist kein Sonderfall der Westdeutschen Spielbanken (WestSpiel). Er betraf vielmehr die gesamte Branche bundesweit und dies ohne Rücksicht auf die staatliche oder private Trägerschaft. Die Kennzahlen aller Spielbanken in Deutschland entwickelten sich in dem Zeitraum von 2007 bis 2014 in den drei wichtigen Bereichen deutlich negativ:

  • Bruttospielertrag: – 45 %
  • Tronc: – 43 %
  • Besuche: – 37 %

Diesem Trend konnte sich auch WestSpiel als die umsatzstärkste Spielbankengruppe in Deutschland nicht entziehen.

Seit 2015 haben sich die Kennzahlen der Spielbanken allerdings bundesweit stabilisiert und leicht erholt, auch WestSpiel profitierte von dieser Entwicklung; der Bruttospiel-ertrag in NRW stieg von 73,4 Mio. EUR in 2014 auf 79,6 Mio. EUR in 2015. Zudem verzeichnet das Casino in Duisburg seit Jahren die höchsten Besucherzahlen in Deutschland. Dieses Haus weist aktuell in den beiden ersten Quartalen 2016 zudem die höchsten Bruttospielerträge an einem Spielbankstandort in Deutschland aus.

Die Zahlen bestätigen also keineswegs die  Annahme in der Drucksache 16/11902, dass das traditionelle Geschäftsmodell von WestSpiel an Zuspruch verliere.

Korrigieren möchte ich gleichfalls die Annahme, Kunstwerke seien aus Sicht eines Spielbankunternehmens Betriebsvermögen – es handelt sich vielmehr um Anlage-vermögen. Ihr Verkauf ist dementsprechend die Veräußerung von Anlagevermögen, das durchaus auch für schlechte Zeiten vorgehalten wird. Aus meiner Sicht hat WestSpiel beim Verkauf der Warhol-Kunstwerke daher nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten, sondern auch die kaufmännisch richtige Entscheidung getroffen.

In der Tat sind die Medienmeldungen betreffend WestSpiel in unserer  Branche zur Kenntnis genommen worden. Dass das jetzige Geschäftsführerteam Restruk-turierungsmaßnahmen und Neuausrichtungen für die künftigen Jahre angehen muss und dies die Überprüfung weiterer Standorte beinhaltet, erscheint mir als Geschäftsführer einer Spielbank als Kernaufgabe der Herren Dunkel und Stumpf.

Die genannten Medienmeldungen haben in unserer Branche zu keinem Zeitpunkt zu einem Ansehensverlust der WestSpiel-Gruppe geführt. Das liegt auch daran, dass die Meldungen mitunter den Eindruck einer Kampagne ohne ausreichende sachliche Grundlagen und Hintergrundinformationen erwecken. So sind beispielsweise arbeitsrechtliche Konflikte mit Mitarbeitern und Betriebsräten nicht immer vermeidbar, was sich insbesondere bei Umstrukturierungen in Konsolidierungsphasen zeigt. Mit Missmanagement hat das meines Erachtens nichts zu tun.

Die Frage, ob der Betrieb von Spielbanken oder das Veranstalten von Lotterien staatliche Aufgaben sind, ist so alt wie das Glücksspiel. Der Spielbankenmarkt in Deutschland zeigt ganz besonders deutlich, dass die beiden möglichen Antworten – staatliche Trägerschaft bzw. private Trägerschaft im Konzessionsmodell (aber ganz gewiss nicht die im gewerblichen Automatenspiel bundesrechtlich vorgesehene Gewerbefreiheit) – in den Bundesländern gleichberechtigt anzutreffen sind.

Ich möchte an dieser Stelle zwei Beispiele nennen:

Der Spielbankbetrieb in Bad Homburg war von 1949 bis 2012 in privater Hand und wird seit 2013 von der Stadt Bad Homburg v.d.H. über eine Tochtergesellschaft mit mir als Geschäftsführer verantwortet. Konzessionsträger war immer – wie übrigens auch bei den anderen Spielbanken in Hessen – die Standortgemeinde.

Bei den Spielbanken Niedersachsen, deren Geschäftsführer Max Rösle ebenfalls Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes deutscher Spielbanken (BupriS) ist, hat es zunächst eine private Trägerschaft gegeben, um dann von 1988 bis 2004 zu einer staatlichen Trägerschaft und seit 2004 wieder zu einer privater Trägerschaft zu wechseln. Der Erfolg des Spielbankenbetriebs hängt von der Trägerschaft also nicht wirklich ab, sondern ganz entscheidend von den inhaltlichen Regulierungsvorgaben und den daraus resultierenden Gestaltungsmöglichkeiten der Spielbankunternehmen.

Es wird auch seine Gründe haben, dass der Verkauf der schleswig-holsteinischen Spielbanken nicht von der jetzigen Landesregierung umgesetzt wird, sondern von der Tagesordnung genommen wurde.

Auch der Bundesverband deutscher Spielbanken (BupriS) hat im letzten Jahr die  Konsequenz gezogen und sich umbenannt: Der Verband wurde im Oktober 2008 mit dem Namen „Bundesverband privater Spielbanken in Deutschland“ gegründet. Der Name wurde 2015 geändert, weil die Unterscheidung zwischen privaten und staatlichen Spielbanken überholt ist – eine glaubwürdige Glücksspielregulierung muss faktenbasiert am Verbraucherschutz ansetzen. In der aus Anlass der Namensänderung am 29.09.2015 veröffentlichten Pressemitteilung des BupriS heißt es unter anderem:

Der Bundesverband privater Spielbanken in Deutschland e.V. (BupriS) hat sich umbenannt und heißt jetzt Bundesverband deutscher Spielbanken gegr. 2008 als BupriS e.V. „Mit dieser Namensänderung setzen wir ein weiteres Signal für eine faktenbasierte Diskussion der Glücksspielregulierung“, erläutert der BupriS-Vorstandsvorsitzende Martin Reeckmann. „Die Unterscheidung zwischen privaten und staatlichen Glücksspielanbietern führt nicht weiter. Nach den tiefgreifenden Veränderungen des Glücksspielmarktes und dem Scheitern des Glücksspielstaatsvertrages muss zur Kenntnis genommen werden, dass eine glaubwürdige Glücksspielregulierung am Verbraucherschutz ansetzen muss. Das gilt unabhängig davon, ob Glücksspielanbieter in privater oder staatlicher Hand sind.“

Der Bundesverband deutscher Spielbanken gegr. 2008 als BupriS e.V. (BupriS) tritt daher erneut dafür ein, den Verbraucherschutz in den Mittelpunkt der Glücksspielregulierung zu stellen.

Leider ist auch die Aussage, dass ein „beträchtlicher Teil“ der deutschen Spielbanken bereits privat betrieben wird, nicht korrekt. In der aktuell veröffentlichen Pressemitteilung des DSBV, der die öffentlich-rechtlichen Spielbanken vertritt, ist den Worten des Vorsitzenden, Herrn Otto Wulferding, Geschäftsführer der Spielbanken in Baden-Württemberg, vielmehr zu entnehmen, dass die öffentlich-rechtlichen Gesellschaften in 2015 einen BSE von 56 % und einen Besucheranteil von 55 % der deutschen Spielbanken vertreten. Das Verhältnis ist hier also weiterhin ausgewogen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass mir auch in den fachlichen Diskussionen mit meinen Kollegen aus beiden Bereichen keine wesentlichen Unterschiede in der Beurteilung unserer Aufgaben und Ziele in der Branche aufgefallen sind. Dort abzuleiten, dass eine private Trägerschaft „besser“ sei, war mir bisher nicht möglich.

In meiner beruflichen Tätigkeit habe ich sowohl für öffentlich-rechtliche wie private Spielbankunternehmen gearbeitet oder sie beraten. Zu keinem Zeitpunkt hatten diese Strukturen jedoch unterschiedlichen Einfluss auf die rechtlich einwandfreie und wirtschaftlich verantwortungsvolle Führung der jeweiligen Häuser.

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß
François-Blanc-Spielbank GmbH
Bad Homburg v.d. Höhe
Lutz Schenkel