Staatliche Modelle der Glücksspielregulierung scheitern im Praxistest
Viele zieht es nach Berlin, auch Verbände der Glücksspielwirtschaft. Das hat seinen Grund: Politiker aller Couleur haben dem illegalen Glücksspiel bundesweit den Kampf angesagt. Das ist begrüßenswert und wird von allen konzessionierten und somit legalen Anbietern von Glücksspielen unterstützt. Doch fällt beim Blick auf die angedachten und bislang in Gesetze gegossenen Maßnahmen das Fazit ernüchternd aus. Der Wildwuchs illegaler Café-Casinos, die ohne jede Konzession und Kontrolle ganze Straßenzüge prägen (und abwerten) ist ein bekanntes Problem. Doch scheinen die Behörden in Berlin bereits resigniert zu haben, dieser Lage Herr zu werden. Die Zunahme illegaler Online-Casinos und damit verbundener Schwarzgeldströme ist ein lange bekanntes Phänomen – genauso lange wird auf Durchsetzungsprobleme im Ausland verwiesen. Und die erstmalige Vergabe staatlicher Sportwettenkonzessionen ist inzwischen ein Fall für die Gerichte – zahlreiche Antragsteller haben Klage eingereicht.
Beim Blick auf die Glücksspielregulierung in Europa und in Deutschland fällt auf:
National und regional sind verschiedene Modelle zur Glücksspielregulierung in Kraft gesetzt worden. Auf dem Papier in Kraft gesetzt, aber faktisch kaum durchgesetzt. Ein besonders frappierendes Beispiel für das Versagen von Glücksspielregulierung bietet seit einigen Jahren der größte EU-Mitgliedstaat Deutschland. Deutschland hat in acht Jahren drei (!) Staatsverträge produziert, von denen die ersten beiden der höchstrichterlichen Prüfung nicht standgehalten haben. Aktuell deutet einiges darauf hin, dass sich die deutschen Bundesländer auch mit dem jüngsten Glücksspielstaatsvertrag übernommen haben. Das zeigt ein Blick auf die drei Bereiche, für die zentrale Zuständigkeiten geschaffen worden sind, nämlich die Vergabe von Sportwettenkonzessionen, die Errichtung einer zentralen Sperrdatei und das Unterbrechen der Zahlungswege bei nicht erlaubten Glücksspielen im Internet. Alle drei Aufgabenfelder sind entweder aus dem Zeitplan gelaufen oder haben noch keine belastbaren Ergebnisse vorzuweisen.
Auch das Verbot von Casinospielen im Internet hat mit der Realität nichts zu tun. Angesichts des Ausmaßes und des mehrjährigen Wachstums des Schwarzmarkts für Glücksspiele muss von einem strukturellen Vollzugsdefizit des Glücksspielrechts in Deutschland gesprochen werden. Was nützt ein Verbot, dass nur auf dem Papier steht? Es nutzt den Anbietern unerlaubter Glücksspiele, die mit leichter Hand und geringem Aufwand schnell zu Geld kommen. Den Verbrauchern, deren Informations- oder Schutzbedarf im Fokus stehen müsste und die stattdessen förmlich im Stich gelassen werden, nutzt es gar nicht. Dem Fiskus bekanntlich auch nicht.
Regulierung besteht nicht nur aus Paragraphen, sondern auch und vor allem aus der faktischen Umsetzung der vereinbarten Regeln.
Anmerkung: Der Text ist als Gastbeitrag des Vorsitzenden des BupriS in der BERLINboxx, Ausgabe Januar/Februar 2015, Seiten 36/37 erschienen.